...über Mofaprolls, Langeweile und die Scheune.
Verfasst von
AM
„Is eh egal... hinten ist laut und von vorne blendet es..“ Guidos Antwort auf seine Lieblingsfrage bei Interviews, ob er denn lieber in kleinen Clubs oder in großen Hallen spielt. Solche oder ähnliche Fragen hat sich muensterbandnetz.de verkniffen und hat dafür andere Fragen gestellt, die die Donots sicher auch schon gehört haben. Dennoch wollten wir wissen: 'Wer ist eigentlich Schuld an den Donots?' Ein Gespräch mit Guido von den Donots über Langeweile, Ibbenbüren und die Scheune.
muensterbandnetz.de: Guido, die Donots sind seit Jahren schon sehr erfolgreich. Uns interessieret, wie du persönlich zur Musik gekommen bist. Wann hast du angefangen, selbst Musik zu machen? Deine ersten Kontakte zur Musik? Was hat dich am meisten beeinflusst?
Guido: Also Ende '93 haben wir die Band gegründet. Der Grund, Musik zu machen, war ne Mischung aus tierischer Langeweile in Ibbenbüren und den Einfluss meines Bruders. Der hat immer gute Platten mit nach Hause gebracht. Da dachte ich immer: 'Das will ich auch machen!' Zudem hat mich mein allererstes Konzert sehr beeindruckt. Da war ich 11 Jahr alt und war im JZ Scheune in Ibbenbüren. Da haben "Rich Kids On LSD" gespielt. Der Sänger hat damals die ganze Bühne vollgekotzt und ich dachte mir damals: 'Wie geil ist das denn, das will ich auch machen!' Im Endeffekt war's aber hauptsächlich die Langeweile, die uns zum Musikmachen gebracht hat. Damals wurdest du entweder Mofaproll und gehst auf Zeltpartys, oder du entscheidest dich für die andere Seite - also Skateboard und Konzerte im JZ Scheune. Und dort haben wir dann geprobt, Konzerte besucht, Konzerte gegeben und viele nette Leute und neue Musik kennengelernt.
muensterbandnetz.de: Also war das JZ Scheune definitiv ein prägender Ort für Dich bzw. eure Band..
Guido: Ja, klar! Das Angebot für Jugendliche in Ibbenbüren ist halt sehr übersichtlich. Es gibt eigentlich nur "die Scheune" und naja, ne Großraumdiskothek. In der Scheune wird halt super viel Jugendarbeit gemacht. Da gibt's immer großartige Konzerte, es gibt Proberäume für Bands, Instrumentalunterricht, man kann Instrumente leihen, es gibt Workshops für Licht- und Tontechnik, junge Menschen können da Konzerte veranstalten usw. Das ist richtig gut und die Leute dort geben sich sehr, sehr viel Mühe, das Angebot aufrecht zu erhalten - und das immerhin seid fast glaub ich 30 Jahren. Das ist auch der Grund, warum wir immer so die Fahne für Ibbenbüren hochhalten. Nicht unbedingt für die Stadt, sondern für das JZ Scheune und die Szene dort. Wir hatten da immerhin unsern allerersten Auftritt - und die ersten 2 Jahre haben wir NUR da gespielt. Bestimmt 20 Konzerte. Ich glaub die Leute waren damals tierisch genervt von uns… Aber die Scheune hat das halt immer unterstützt. Und die Musikszene vor Ort auch. Ich glaub, da gab es auch einen großen Zusammenhalt unter den Bands. Damals gab es immer so Bandmeetings. Da war es egal, ob du Pop, Metal, Hip Hop, Hardcore oder Punk gemacht hast.
muensterbandnetz.de: Vielleicht war man aber auch froh, überhaupt Gleichgesinnte bzw. andere Musiker zu treffen?
Guido: Das kann natürlich auch sein. Der Zusammenhalt wurde aber auch von den Leuten vom JZ Scheune gefördert. Da wurde immer drauf geachtet, dass man sich gegenseitig respektiert...
muensterbandnetz.de: Existieren die Angebote im JZ Scheune heute auch noch?
Guido: Ja, aber ich glaube, es ist etwas weniger geworden. Zumindest Konzerte finden nicht mehr so viele statt. Im Nachwuchsbereich sind die weiterhin noch sehr aktiv. Und es gibt auch noch ne Konzertgruppe, die Bands buchen und Konzerte eigenverantwortlich organisieren.
muensterbandnetz.de: Also wurde und wird dort Musik sehr stark gefördert. Gabs denn auch Probleme und Hindernisse? Also, so generell als junge Band damals?
Guido: Hmm, das schwierigste war, die erste Zeit am Ball zu bleiben - also beim Gitarre spielen. Ich wollte immer Gitarre spielen, weil ich die Musik super fand, aber auf üben hatte ich keine Bock, weil ich lieber Skateboard fahren wollte. Ich bin aber drangeblieben. Und irgendwann gabs dann so nen Knackpunkt, da hatte ich den Dreh raus. Da ging fü mich ne Welt auf und ich konnte endlich eigene Lieder schreiben…dann wars das mit dem Skateboard fahren..
muensterbandnetz.de: Ihr habt dann vermutlich auch im JZ Scheune geprobt, oder?
Guido: Ja, genau. Das war auch sehr cool dort. Da konnte man sich einfach eintragen und kostenfrei proben. Die Proberäume wurden vom Pink Pop e.V. getragen und verwaltet. Das war echt super! Wir sind dann aber irgendwann in die Garage unseres alten Schlagzeugers gezogen.
muensterbandnetz.de: Scheinbar war "die Scheune" ein Paradies für Bands. Trotzdem: Gab's als Band keine Schwierigkeiten?
Guido: Ich glaube wir hatten es früher ein bisschen einfacher. Zumindest kamen wir als kleine Band einfacher an Konzerte. Es gab nicht so eine Flut an Bands. Heute gibt es in jeder Stadt haufenweise Bands. Was ich natürlich großartig finde, aber es wird dadurch für die einzelne Band sehr schwer, herauszustechen und Auftritte zu bekommen. Wir sind da früher immer ganz naiv drangegangen: Mein Bruder hat einfach in die Zeitung geguckt, wo passende Bands spielen und da haben wir dann einfach nen Fax an die Clubs geschickt. Und das hat dann oft geklappt… Heute reißen sich die Bands den Arsch auf, schicken richtig gute Aufnahmen als Demo und es klappt trotzdem oft nicht… Vielleicht lag es wirklich daran, dass es damals weniger Bands gab. In Ibbenbüren gab es ja noch recht viele im Gegensatz zu anderen Städte. Vermutlich war die Langeweile bei uns am größten...
muensterbandnetz.de: …vielleicht lag es aber auch an der guten Arbeit, die im JZ Scheune gemacht wurde?
Guido: Ja, das ist bestimmt ein wichtiger Faktor. Ich meine, fast jeder junge Mensch hat Bock auf Musik, aber es gibt da halt bestimmte Hürden: Viele trauen sich nicht. Aber wenn man vielleicht irgendwo Unterstützung bekommt oder ein paar aufmunternde Worte, dann ist das schon einfacher. Wir hatten auch bei unseren ersten Proben nen Dozenten dabei. Der hat uns halt Tipps gegeben und uns bei unseren ersten kleinen Schritten geholfen. Das hat uns ne Menge Frustration erspart und uns echt die Scheu genommen.
muensterbandnetz.de: Du erwähntest eben, dass der Zusammenhalt unter den Bands recht gut war. Habt ihr euch denn konkret unterstützt oder gemeinsam was organisiert?
Guido: Naja, das war damals in Ibbenbüren schon ein ziemlicher "Inzest". Jeder hat noch in irgendeiner andern Band gespielt. Das ging immer hin und her. Ich hab damals noch bei ner Hardcore-Band gespielt. Da stand man bei Konzertenabenden dann auch zweimal auf der Bühne. Außerdem haben ja auch einige in der Konzertgruppe mitgemacht und in der Scheune halt Konzerte auf die Beine gestellt.
muensterbandnetz.de: Hast du denn zu einigen Leuten aus der Zeit noch Kontakt? Weißt du, was aus ihnen geworden ist?
Guido: Die meisten sind der Musik irgendwie treu geblieben. Entweder spielen sie immer noch in Bands und/oder machen teilweise auch beruflich was in der Richtung. In Ibbenbüren gibt's ja auch Musik Produktiv. Da gab es schon ein paar, die dann gesagt haben: 'Bevor ich hier in der Zeche unter Tage maloche, gehe ich doch lieber zu Musik Produktiv und mach da ne Ausbildung.' Ich glaub, da war die Zeit in der Scheune schon prägend.
muensterbandnetz.de: Kommen wir von Ibbenbüren nach Münster. Du kommst gerade von eurer Probe. Probt ihr hier in Münster?
Guido: Ja, unser Proberaum liegt so halbwegs zentral in Münster. Allerdings nicht so zentral wie die Proberaumzentren hier. Früher waren wir in Everswinkel auf 'nem Bauernhof. Mit Löchern im Dach und ohne Heizung. Da konnte man im Winter nur mit Jacke proben. Jetzt haben wir aber seit einger Zeit 'nen richtig schönen Raum .
muensterbandnetz.de: Das können nicht alle Bands in Münster von sich behaupten..
Guido: Nee, das ist speziell in Münster ne Katastrophe. Die Proberäume im Schützenhofbunker wurden dichtgemacht, und die Räume am alten Güterbahnhof sind total überbelegt. Münster ist ne Studentenstadt. Und da gibt's immer viele Leute, die Musik machen wollen. Irgendwo müssen die ja hin..
muensterbandnetz.de: Abschließend betrachtet, bist du bzw. sind die Donots und das JZ Scheune ja schon ein Paradebeispiel für gut funktionierende Kulturarbeit. Eigentlich sollte es dann so etwas wie das JZ Scheune in jeder Stadt geben, oder?
Guido: Wäre natürlich super, und in einigen Städten gibt's ja so was, oder etwas ähnliches. Aber überall solche Zentren, das halte ich leider für utopisch. Wird ja dauernd und gerade in der Jugend- und Kulturarbeit gespart. Auch das JZ Scheune kämpft seit einiger Zeit ums Überleben. Ich hoffe, die halten durch.
muensterbandnetz.de: Das hoffen wir auch! Guido, wir danken für das Interview!
Guido: Gern geschehen!
Interview: David Möllmann
Foto: Pascal Weist